Statement 25.09.2018

Vom GKV-Spitzenverband

Leistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen

Das diesjährige Motto beim „Tag der Zahngesundheit“ lautet „Gesund im Mund – bei Handicap und Pflegebedarf“. Damit steht eine Gruppe im Zentrum, deren Mundgesundheit derzeit im Durchschnitt leider schlechter ist, als bei anderen Versicherten. Das Motto richtet sich aber nicht nur an die betroffenen Menschen, sondern auch an weitere Beteiligte, die mit Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen täglich in Kontakt kommen, wie z. B. pflegende Angehörige oder Pflegekräfte, an Pflegeeinrichtungen und zuletzt auch an die behandelnden Zahnärzte.

Um die Mundgesundheit dieser Personengruppe zu verbessern, haben seit 1. Juli 2018 Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 SGB XI zugeordnet sind oder Eingliederungshilfe nach § 53 SGB XII erhalten, Anspruch auf Leistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen. Die Leistungen umfassen Erhebung eines Mundgesundheitsstatus, die Erstellung eines individuellen Mundgesundheitsplans sowie eine Aufklärung über die Bedeutung der Mundhygiene und über Maßnahmen zu deren Erhaltung. Insgesamt können fast 4 Mio. Menschen die neuen Leistungen in Anspruch nehmen.

Bei der Erhebung des Mundgesundheitsstatus’ wird der Pflegezustand der Zähne, des Zahnfleischs, der Mundschleimhäute und des gegebenenfalls vorhandenen Zahnersatzes beurteilt. 

Auf Basis des Mundgesundheitsstatus erstellt die Zahnärztin oder der Zahnarzt für den jeweiligen Versicherten einen individuellen Mundgesundheitsplan. In diesem werden die Untersuchungsbefunde sowie die sich aus dem Mundgesundheitsstatus ergebenden Empfehlungen zu Pflegemitteln und zur Fluoridanwendung eingetragen. Der Plan wird auch Empfehlungen zur Frequenz der einzelnen Maßnahmen enthalten, so dass sich die Versicherten oder ihre unterstützenden Personen daran orientieren können. Aufgrund der Einnahme von bestimmten Medikamenten leiden diese Menschen häufig an einer Mundtrockenheit. Soweit erforderlich erhalten die Betroffenen daher auch eine Empfehlung über geeignete Maßnahmen zur Linderung einer Mundtrockenheit. Darüber hinaus werden die betroffenen Versicherten über die notwendigen Behandlungsmaßnahmen aufgeklärt, z. B. darüber ob kariöse Zähne zu behandeln sind oder ob eine Zahnfleischbehandlung notwendig ist. Die empfohlenen Maßnahmen, Mittel und Hintergrundinformationen hält der Zahnarzt laienverständlich schriftlich fest. Sie sind Teil seiner zahnärztlichen Dokumentation.

Der Patient oder die unterstützende Person erhält vom Zahnarzt eine Kopie des Mundgesundheitsplans, so dass er die empfohlenen Maßnahmen jederzeit nachlesen kann. Bei der nächsten Erhebung wird der Plan überprüft und ggf. auch aktualisiert.

Nachdem der individuelle Mundgesundheitsplan aufgestellt wurde, klärt der Zahnarzt den Versicherten über seine Mundgesundheit auf. Der Versicherte wird dabei über die empfohlenen Maßnahmen und Pflegemittel informiert. Soweit erforderlich gibt der Zahnarzt eine praktische Anleitung zur Reinigung der Zähne und des Zahnfleisches sowie der ggf. vorhandenen Prothesen. 

Die aufgeführten Leistungen können einmal im Kalenderhalbjahr erbracht werden. Auch die Entfernung von Zahnstein ist bei dieser Personengruppe im Gegensatz zu allen übrigen Versicherten einmal pro Kalenderhalbjahr möglich.

Häufig fehlen pflegebedürftigen Menschen oder Menschen mit Behinderungen die kognitiven oder manuellen Fähigkeiten, eine adäquate Mundhygiene selbständig durchzuführen. Die Fingerfertigkeit lässt nach oder sie vergessen einfach, dass sie zur Zahnbürste greifen sollten. Diese Menschen sind daher oftmals auf Unterstützung angewiesen. Aus diesem Grund ist geregelt, dass, soweit erforderlich, auch die Pflege- und Unterstützungspersonen in die Aufklärung einzubeziehen sind.

Die Leistungen können in der Zahnarztpraxis, in häuslicher Umgebung und in stationären Einrichtungen erbracht werden. Um insbesondere Anreize für die Zahnärztin oder den Zahnarzt zu schaffen, die betroffenen Versicherten auch zu Hause aufzusuchen, wurden zum 1. Juli 2018 auch die Honorare für das Aufsuchen in häuslicher Umgebung erhöht.

Schon im Jahr 2014 hat der Gesetzgeber durch die Schaffung zusätzlicher Gebührenpositionen für das Aufsuchen von Pflegebedürftigen Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen Anreize für eine Verbesserung der Versorgung gesetzt.

Mit den jetzt eingeführten Präventionsleistungen zur Vermeidung von Zahnerkrankungen sind die notwendigen Grundlagen für die Verbesserung der Versorgung aller pflegebedürftigen Menschen und vieler Menschen mit Behinderungen geschaffen worden. Der GKV-Spitzenverband hofft, dass diese Leistungen von möglichst vielen Menschen aus dieser Personengruppe angenommen werden. Von den Zahnärzten erwartet der GKV-Spitzenverband, dass diese nicht nur die präventiven Leistungen, sondern auch, soweit erforderlich und möglich, die notwendigen therapeutischen Leistungen bei den betroffenen Menschen durchführen. Bei den Pflegeeinrichtungen, die noch keine Kooperationsverträge über eine koordinierte und kooperative Versorgung mit Zahnärzten (Verträge nach § 119b Abs. 2 SGB V) eingegangen sind, wirbt der GKV-Spitzenverband dafür, wann immer dies möglich ist, diese auch abzuschließen. Weiterhin wünscht sich der GKV-Spitzenverband, dass die Mundgesundheit bei der Pflege einen höheren Stellenwert erhält. Noch immer wird in vielen Pflegeeinrichtungen die Mundgesundheit eher stiefmütterlich behandelt. Nur wenn sich bei allen Beteiligten das Bewusstsein durchsetzt, dass zwischen Mundgesundheit und Lebensqualität ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, wird sich die Mundgesundheit der betroffenen Personengruppe tatsächlich langfristig verbessern.